Wie alles begann…

Um die Geschichte rund um die Alpine adäquat erzählen zu können, muss man zuerst einmal einen Sprung in die Vergangenheit machen – nämlich zur Alpine A110 Berlinette aus den 60er Jahren. Meine persönliche Geschichte mit der Marke Alpine beginnt nämlich schon gut 15 Jahre früher, als ich bei einem Oldtimer-Bergrennen auf meine erste Alpine gestoßen bin und mich sofort verliebt habe. Ich bin kein Experte was ältere Autos angeht, aber dieses Modell ist direkt hängen geblieben und hatte mich schon damals in seinen Bann gezogen.

Meinen ersten Berührungspunkt mit der neuen A110 hatte ich vor einigen Jahren in Goodwood, bei dem Festival of Speed. Hier stand 2016 das Konzeptfahrzeug ‘Alpine Vision’, welches dem Serien-Look schon sehr nahe war. Die aktuelle A110 gibt es nun seit 2017.

Zurück in die Zukunft

Man sieht sich bekanntlich immer zweimal im Leben. Trotzdem hätte ich im Jahr 2016 niemals gedacht, dass die Alpine und Ich einige Jahre später mal gemeinsam auf einen Roadtrip in die Dolomiten gehen werden. Aber wie heißt es so schön? Man sollte seine Träume niemals aufgeben und immer etwas Platz im Leben lassen für das Unvorstellbare.

So kam es also, dass dieser Traum im Juli diesen Jahres mit der freundlichen Unterstützung des Alpine Centre Winterthur wahr wurde. Einen Blick ins Autohaus, wo auch schon die A110 Berlinette verkauft wurde, gibt es bei kehre11. Seit 1973 gehört Alpine übrigens zum Renault Konzern.

Am auffälligsten ist neben der typisch blauen Lackierung in Alpine Blau die extrem große Anlehnung an die alte Alpine. Bei kaum einem anderen Wagen hat man es geschafft, die Tradition zu wahren und das Design in die Moderne zu transportieren wie hier. Besonders bei der Front lässt sich die Urahnin nicht verleugnen.

Das Konzept ist so simpel wie einfach: Man nehme eine Leichtbauweise und paart diese mit einem 1,8-Liter-Vier-Zylinder-Motor mit Turbolader – positioniert als Mittelmotor direkt hinter dem Fahrer. Dieser leistet 252 PS (185 kW) auf rund 1.098 Kilogramm Leergewicht und versorgt einen, vor allem in den Fahrmodi Sport und Track, mit einem Feuerwerk an Sound, der innerhalb kürzester Zeit für das ein oder andere breite Grinsen gesorgt hat. Der unschlagbare Vorteil des geringen Gewichts ist die herausragende Agilität des Fahrzeugs. Die von uns gefahrene A110 in der Variante ‘Pure’ ist im Vergleich zur Variante „Légende” zeichnet sich durch ein besonders niedriges Gewicht aus und war neben diversen Karbon-Elementen mit leichten Sabelt-Sitzen ausgestattet.  

Meran

Auf den Gebirgsstraßen dieser Welt macht die Alpine ihrem Namen alle Ehre. Wer mich schon etwas länger kennt weiß, dass ich bis heute noch vor jedem neuen Auto eine gewisse Portion Respekt habe. Da es mich aber eigentlich von Beginn an in den Fingern gejuckt hat, habe ich mich also nach der Silvretta Hochalpenstraße und vor dem Reschenpass hinter das Steuer der kleinen blauen Flunder geschwungen. Mit dem Ziel Meran ging es also los und ich war innerhalb kürzester Zeit so verliebt, dass ich bis nach Meran durchgefahren bin. Aufgrund des einsetzenden Regens musste das Timmelsjoch leider auf uns verzichten.

Die A110 ist mit drei Fahrmodi ausgestattet: Normal, Sport und Track, welche sich über einen Wahlschalter am Lenkrad einstellen lassen. Damit lassen sich Ansprechverhalten, Drehzahl, ESP sowie Auspuffsound individuell und je nach Fahrsituation einstellen. Mit dem Modus ‘Normal’ lässt es sich im Alltag gediegen und gemütlich fahren; der Sound bleibt dabei dezent. Ab dem Modus Sport fängt die Alpine an, fröhlich vor sich hin zu brabbeln und blubbern – wirklich genau nach meinem Geschmack. Mit dem Track-Mode ließ es sich dann fröhlich quer um die ein oder andere Kurve driften.

Foto-Credit: Alpine (Renault Deutschland AG)

Route to Heaven

Nun aber zurück zu unserer Route. Von Meran aus startend hat uns das Wetter am Sonntag leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch wenn wir nicht bei unser ursprünglich geplanten Route mit XY geblieben sind, waren wir dennoch viel zu begeistert von der A110 als dass wir im Hotel geblieben werden – es gibt ja bekanntlich kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung (und Autos).

Da ich nicht nur leidenschaftlicher Fahrer und Beifahrer bin (es gibt wirklich Menschen, die ihre freie Zeit gerne in entsprechenden Autos verbringen), sondern auch passionierter Fotograf, blieb es nicht aus, nach dem ein oder anderen Fotospot zu suchen. Auch wenn sich hierzu Gebirgsstraßen hervorragend eignen, möchte ich nochmals auf das regnerische Wetter zu sprechen kommen, denn die Sicht war quasi nicht gegeben. So blieb es bei einem kurzen Shooting oberhalb von Bozen und einem gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen.

Passo Stelvio – Stilfser Joch

Für den Rückreisetag am Montag war besseres Wetter vorhergesagt und somit die Chance für das ein oder andere Foto mehr als gegeben. So grübelten wir also, wie wir die Alpine doch noch gebürtig ausfahren konnten und landeten dann relativ schnell bei “The best driving road in the world!”, wie Jeremy Clarkson die “15 miles of asphalt spaghetti draped on the Alps” in einer Top Gear-Folge nannte. Die Rede ist vom Passo Stelvio, dem Stilfser Joch.

Wer sich etwas mit Strecken auskennt, der weiß, dass man für diese Route Richtung Heimat früh aufstehen muss, und wer noch etwas mehr über mich weiß, der weiß auch, dass früh aufstehen nicht gerade zu meinen Eigenschaften gehört. Wenn es jedoch eine Sache gibt, die mich aus dem Bett lockt, dann sind das Autos. So hatte es auch die Alpine geschafft mich aus den Feder und in Richtung des höchsten Gebirgspasses in Italien zu locken.

Eine Premiere für Mensch und Maschine

Auch wenn man es kaum glauben mag, war dieser wilde Ritt meine erste Stelvio-Überquerung. Wie das passieren konnte? Das ist eine ausgesprochen gute Frage. Ich erinnere mich an eine Tour im letzten Jahr, wo uns ein plötzlich einbrechender Schneesturm in die Quere kam. Stelvio + Schnee + Sommerreifen erschien uns dann doch nicht so wirklich als eine gute Idee, aber wir schweifen ab.

Da wir verhältnismäßig früh dran waren, hielt sich der Verkehr auf dem Stelvio in Grenzen und so bekam die A110 endlich die Chance, ihr volles Talent auszufahren. Im Track-Modus ließ sie sich sogar auf den ein oder anderen Drift ein und düste fröhlich spritzig durch die Kurven. Oben angekommen gönnen wir der A110 erst einmal eine Verschnaufpause. Über die hintere Heckklappe lässt sich mit Hilfe von drei Schrauben die gläserne Klappe über dem Heckmotor öffnen.

Während der Pause werfen wir nochmals einen kurzen Blick in den Innenraum. Wer es sportlich reduziert mag, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Die frei schwebende Mittelkonsole und die Sportschalensitze fallen einem direkt ins Auge. Die Sitze sind bequem und das auch über viele Kilometer, bieten zeitgleich aber auch den nötigen Halt. Neben wenigen Knöpfen in der Mittelkonsole – der Gangwechsel erfolgt übrigens auch über das Betätigen der drei Knöpfe – erfolgt die restliche Steuerung über das 7-Zoll-Touchscreen-Display in der Mitte. Hier lassen sich übrigens einige coole Features anzeigen, wie bspw. Performance-Daten und Infos zu Leistung, Drehmoment, Ladedruck des Turboladers sowie Motor- und Reifentemperatur. Am besten gefallen hat mir die Anzeige über das Automatik-Doppelkupplungsgetriebe. Hier wurde einem visuell angezeigt, welcher Gang gerade eingelegt ist und welchen das DKG vorwählt. An dieser Stelle muss man auch den super Verbrauch erwähnen. Nach knapp über 1000 km Strecke hatte die Alpine einen Verbrauch von 7,4 Litern auf 100 Kilometer – trotz Stilfser Joch! Zu Beginn auf Schweizer Autobahnen hatten wir sie sogar bei rund 6 Litern.

Was nun letztlich noch fehlt ist die Frage zum Kofferraum. Als ich einen ersten Blick hinein geworfen habe, war ich kurz doch etwas irritiert – wie soll hier das ganze Gepäck für das Wochenende reinpassen? Werfen wir einen kurzen Blick auf das Datenblatt, bevor wir diese Frage auflösen. Die A110 hat, dank des Mittelmotors, zwei Kofferräume mit insgesamt 200 Liter Volumen. Diese verteilen sich mit 110 Liter in der Front und 90 Liter im Heck auf die Alpine. Mit der richtigen Packweise, ich empfehle hier Taschen statt eines kleineren Koffers, ließ sich das Gepäck problemlos unterbringen – die Alpine ist ein kleines Raumwunder.

Schweren Herzens ging es für uns und die Alpine nun in Richtung Heimat. Für die Alpine zurück nach Winterthur und für mich zurück nach Stuttgart. Alles in allem kann man sagen, dass die A110 auf voller Linie überzeugt hat und so schnell nicht mehr in Vergessenheit geraten wird. Für mich wird sie für immer einen Platz in meinem Herzen haben.

Mit freundlicher Unterstützung durch das Alpine Centre Winterthur, welches uns den Testwagen zu Verfügung gestellt hat.